Das indische Sanskrit-Wort Yoga wird von den wirklich großen Yoga-Meistern, allen voran Yogananda und Ramana Maharishi (der heilige vom Berg), mit den Worten „die erreichte Vereinigung mit Gott“ übersetzt.
Der Begriff bezeugt, dass wahres Yoga den in der physischen Welt erreichten Endzustand des individuellen menschlichen Entwicklungszyklus darstellt.
Yoga bzw. Yogi darf sich daher genau genommen nur nennen, wer bzw. was die Gottvereinigung verwirklicht hat. Bereits an der Definition können wir erkennen, dass fast alles, was sich heute als Yoga bezeichnet – ob aus Asien kommend oder in der westlichen Welt entstanden – dem nicht gerecht wird und diesen Begriff daher unberechtigt führt.
Im aller ersten schriftlichen Werk über die Wurzeln des Yoga beschreibt der Autor Pantanjali bereits deutlich – so auch der brahmanische Text der Bhagavad Gita – wie der wahre Yogapfad zu begehen ist.
Die beiden ursprünglichen Quellen der Yoga-Lehre geben uns darüber eindeutige Auskunft, was Yoga ist und wie Yoga im Menschen und seinem Leben umgesetzt werden soll.
Daher wird in dem jahrhundertealten indischen Lehrbuch des Yoga, der Bhagavad-Gita, prägnant und klar erklärt, wie das Yoga zu handhaben ist.
Lesen wir, was die Bhagavad Gita (im 6. Gesang, Shloka 12 und 13) über Yoga-Übungen aussagt:
… Gemüt und Herz auf den Einen richtend, ein Meister (im Beherrschen) seiner Sinne und Gedanken.
In seinem Sitze aufrecht ruhend (entspannt), sorgenfrei soll er den Yoga üben, um die Reinheit
der gottergebenen Seele zu erlangen.
Sein Körper, Kopf und Hals sei (gerade) aufrecht unbewegt (im Sitzen)
und fest auf seiner Nasenspitze sollen seine Augen (geschlossen) haften….
Sanskrit-Übersetzung von Edwin Arnolds, ins Deutsche übertragen von Dr. Franz Hartmann,
Schatzkammer Verlag ca. 1902
Die Augen, mit denen wir ja physisch sehen, werden hier also zur Ruhe gebracht und während der Übung fixiert, damit wir unsere Konzentration besser auf das Geistige – das dritte Auge – das in der Kopfmitte sitzt, richten können. Erweckt ist es das Wahrnehmungs-Zentrum unserer inneren geistigen Schau, die auch als 7. Sinn bezeichnet wird.
In der zweiten ursprünglichen Quelle, in seinem berühmten Kommentar zur Yoga-Lehre, bestätigt Patanjali ebenfalls völlig klar die vorgenannten Anweisungen der Bhagavad-Gita in seinen „Yoga-Sutren“:
Vers 45 – Durch Hingabe an Gott erlangt man die vollkommene Versenkung.
Vers 46 – Die Sitzhaltung soll (dabei) fest (aufrecht) und angenehm sein.
Vers 47 – Diese (eine) Sitzhaltung soll man in völliger Entspannung und in einem Zustand der Betrachtung des Unendlichen einnehmen.
Bhagavad Gita, Barth Verlag, 4. Auflage 1982, Hrsg. B. Bäumer, Kommentar P.Y. Deshpande
Beide Textquellen beschreiben unmissverständlich, dass es sich beim Yoga nicht um gymnastische Übungen handelt, sondern ausschließlich darum geht, sich in einem konzentrierten geraden Sitz zu versenken. (Für Anfänger genügt der offene Lotussitz, für Fortgeschrittene der Lotussitz, siehe Fotos)
Das Denken und Fühlen soll durch den geraden, aufrechten Sitz zur Ruhe kommen, wodurch innerlich eine Entspannung, eine Leere entsteht, durch die wir innere Erfahrungen aufnehmen. Diese führen uns im Laufe der Zeit immer mehr zum Verstehen der reinen Yoga-Lehre und damit zum Einklang mit dem Yoga – der Vereinigung in/mit Gott.
Die Ziele der Yoga-Lehre
In der Bhagavad-Gita – 18. Gesang, Vers 61 – wird das wahre Ziel der Yoga-Lehre in sehr schönen Worten beschrieben:
„Ein Meister wohnt im Inneren der Geschöpfe und hat nur im Menschenherzen seinen Thron“.
Durch aufrechtes Sitzen, Leere in der Versenkung und der Aufnehmen von inneren Lehren sollen wir also eines Tages bis zum eigenen Zentrum, dem Herzen vordringen, um darin „den Meister“ – die Gottkraft – in uns zu treffen, die in jedem Menschen wirkt!
Die Inhalte der Yoga-Lehren sollen uns helfen, unser eigenes Denken, Fühlen, Sprechen und Handeln – gerade auch in der äußeren Welt – bewusst zu veredeln, wodurch wir Harmonie in unsere Umgebung ausströmen.
Der „YOG“ will auf diesem Wege jeden Menschen die „Ethik“ der Evolution und seines eigenen Wesens deutlich machen, durch die wir dann – laut dieser indischen hohen Lehre – zur bewussten Verbindung mit der Gottenergie kommen, dem Yoga!
Durch diese Form der wahren Yoga-Übung offenbart sich der vierfache Weg (Marga) des Yoga mit seinen Abschnitten, dem achtfachen Lotus, der mit dem erhabenen achtfachen Pfad Buddhas inhaltlich identisch ist.
Diese vier Wege stellen analog die praktische Umsetzung der vier menschlichen Erfahrungsebenen nach den göttlichen Prinzipien dar:
- das menschlichen Denken führt durch Jnana-Marga – Denken – zum Jnana-Yoga
- das menschliche emotionale Fühlen führt durch Bhakti-Marga – Glückseligkeit – zum Bhakti-Yoga
- das menschliche Handeln führt durch Karma-Marga – Handeln – zum Karma-Yoga
- und das feinstofflich verankerte höhere Selbst – in unserem Ätherkörper – führt durch Raja-Marga zur Eins-Werdung mit der Gottenergie zum Raja-Yoga.
Durch Erkennen, Erfahren und Verstehen der göttlichen Prinzipien sollen wir über die vier wahren Yoga- Wege unseren Charakter und damit unser gesamtes Wesen so veredeln, bis wir eine große Harmonie erreicht haben. Im Moment dieser Bewusstseinserkenntnis auf jeden der vier Wege entsteht die Endphase – das Yoga, der Vereinigungszustand mit Gott – in die wir dann in voller Erkenntnis eintreten.
Demnach ist wahres Yoga ein heiliger Weg, dessen Ziel es ist, uns zur Einheit in Gott zu führen.
Der Begriff Yoga sollte daher – schon aus religiös-ethischen Gründen – nicht für andere Dinge und Zwecke entfremdet werden, für die es doch wohl zutreffendere Bezeichnungen gibt.
Was bewirken nun die vier wahren Wege – Margas -, die zu den vier heiligen Yoga-Zielen führen?
Im Jnana-Marga – dem Weg zum Jnana-Yoga – lernt der Schüler sein Denken zu beherrschen und es mit der göttlichen aufbauenden Ordnung des Denkens in Einklang zu bringen. Verkörpert und lebt er in seinem Denken die geistigen Gesetze, hat er Verbindung mit dem „göttlichen Denkprinzip“ erreicht. Erst ab diesem Zustand lebt er Jnana-Yoga und darf sich daher auch erst dann Yogi nennen.
Im Bhakti-Marga – dem Weg zum Bhakti-Yoga – lernt der Schüler sein Fühlen beherrschen und es mit den göttlichen Prinzipien der Glückseligkeit, der Gottliebe gegenüber allen Leben und Dingen, in Einklang zu bringen. Verkörpert und lebt – also verwirklicht – er diese Gottliebe, tritt er vom Übungsweg – Marga – in den Zustand des Yoga ein; dann ist er ein Bhakti-Yogi, da er Bkakti-Yoga bewusst lebt.
Im Karma-Marga – dem Weg zum Karma-Yoga – lernt der Schüler alle seine Erfahrungen aus dem Jnana-, Bhakti-Marga (bzw. Yoga) bewusst in seinem täglichen Leben aktiv einzusetzen, um bei allem Tun stets die göttliche Harmonie in allen Handlungen zu erzeugen.
Er wirkt so aus der Summe seiner Denk- und Fühl-Erfahrungen nach den göttlichen Prinzipien aus seinem Herzen heraus in der äußeren Welt und hilft ihr, sie durch sein Tun zu harmonisieren.
In diesem Zustand hat er die Einheit der göttlichen Prinzipien des Jnana- und Bhakti-Yoga erreicht, denn er verwirklicht sie, wie die 12 Eigenschaften des „Tyrkreises“ (großer Zodiak), indem er im richtigen Verhältnis im Leben einsezt.
Reden | Schweigen |
Empfänglichkeit | Unbeeinflussbarkeit |
Gehorchen | Herrschen |
Demut | Selbstvertrauen |
Blitzesschnelle | Besonnenheit |
Alles annehmen | Unterscheiden können |
Nichts besitzen | Über alles verfügen |
An nichts gebunden sein | Treue |
Sich zeigen | Unbemerkt bleiben |
Todesverachtung | Lebensschätzung |
Gleichmut | Liebe |
Ein solches Menschenkind wird nun Karma-Yogi genannt, da es Karma –Yoga aktiv lebt. Schüler in diesem Zustand werden auch „Meister des Lebens“ genannt.
Der Karma-Yogi fühlt und weiß, dass er vom eigenen „göttlichen Ich“ geführt wird, das ihm zeigt, durch welche Handlungen die göttliche Harmonie erzeugt wird, die er durch sein „persönliches Ich“ durch Unterscheidungsfähigkeit bewusst in der Welt zu erkennen hat und umzusetzen sucht.
In diesem Stadium entwickelt sich die Sehnsucht, mit dem „Göttlichen ICH“ EINS zu werden und der „Meister des Lebens“ tritt nun in den „Königsweg des Yoga“, den Raja-Marga – dem Weg zu Raja-Yoga – ein, indem er lernt, die drei niederen verschmolzenen Wege (Margas) und ihre Yoga so im Herzen zu vertiefen. Damit begibt er sich auf den Ra (Sonnen)-Ja (Che=Energie)-Weg(Marga).
Dieser Weg wird von allen wirklich großen Lehrern der Welt als der
Versenkungsweg nach Innen – in die höheren Welten
bezeichnet, der nur durch die drei Stufen:
- Konzentration zur
- Kontemlation, die dann zur wahren
- Mediation – der Vereinigung mit Gott –
zum Endziel führt.
Wahre Meditation bedeutet also, den direkten vollbewussten Kontakt mit der göttlichen Kraft im eigenen Herzen (medi, Mitte) erreicht zu haben. Durch diesen Zustand drückt sich göttliche Kraft direkt durch den Menschen über dessen Denken, Fühlen und Handeln aus.
Der „Meister des Lebens“ ist nun zum „Meister seines Seins“ herangewachsen. Der Schüler erkennt sich bewusst und klar als Werkzeug Gottes, ist somit Raja-Yogi geworden und lebt voll bewusst nach den Lehren seines Gottes im Herzen Raja-Yoga, um seinen Geschwistern auf Erden zu dienen.
Nur diese vier Yoga-Wege entsprechen den vier Bewusstseinsebenen des Menschen und führen ihn zur wahren Meditation – zur Einheit mit Gott.
Die einzelnen Wege werden entweder nacheinander oder teilweise zusammen begangen – was vom Karma abhängt.
Alle anderen Lehren wurden leider bruchstückhaft den ursprünglichen Heiligen vier Yogawegen entnommen und so verändert, – oder gar neu erfunden – dass sie allein vom Ansatz her und von der Wirkungsweise wie Zielvorgabe kein wirkliches Yoga mehr sind, sich daher auch nicht Yoga nennen dürften.
Dies betrifft auch die indische ganzheitliche „HATHA-Gymnastik“. Sie wie auch viele der bruchstückhaften Lehren können für Körper und Seele viel Gutes tun und zu einer körperlich seelischen Balance führen. Wegen der hier fehlenden o.g. ganzheitlichen Grundlagen des Heiligen Yoga, führen diese Übungen nicht zur Vereinigung mit Gott!
Dieser Weg wird nur über die hier beschriebenen vier wahren Yoga-Wege erreicht, wofür keinerlei gymnastische Übungen notwendig oder sinnvoll sind.
Daher stellen die gymnastischen „HATHA“-Übungen kein Yoga dar, was alle wahren Yoga-Meister bestätigt haben. Besonders unmissverständlich erklärte dies der wohl größte Yogi des letzten Jahrhunderts, Yogananda, der nachweislich die höchste Stufe des Yoga vollzogen hat – Maha-Samadhi – den vollbewussten Austritt aus dem physischen Körper (physischer Tod) bei gleichzeitigem Aufrechterhalten des Leibes, indem über 23 Tage keinerlei Verwesung oder Zerfall eintrat.
Yogananda – der führende Vertreter vom ältesten Yoga Orden Indiens, den Giri – hat in vielen seiner Vorträge immer wieder klar geäußert, dass die als „HATHA“ bezeichneten gymnastischen Übungen rein gar nichts mit dem Heiligen Yoga zu tun haben.
Heiliges Yoga muss für jeden, auch für unsportliche und vor allem ältere Menschen, zu begehen sein, woraus sich bereits das stille aufrechte Sitzen begründet, um den Weg zur inneren Vereinigung gehen zu können, was sonst gegen das kosmische Gesetz wäre.
Unbenommen kann man die gesundheitsfördernde „HATHA-Gymnastik“ üben, gleichwohl auch das Heilige Yoga praktizieren. Da Yoga und die indische Sportgymnastik jedoch zwei völlig verschiedene Disziplinen sind, die keine gemeinsamen Inhalte haben, können sie nicht als ein einheitliches System bezeichnet werden.
Wenn die zu entwickelnde Lehre der Unterscheidungskraft fehlt, die uns erst in die heiligen Lehren der vier reinen Yoga-Wege führt, entsteht nur Mittelmaß, insbesondere, wenn wir viel wissen und Lehren konsumieren, statt unseren wahren eigenen Weg zum Herzen zu folgen.
Hierzu gehört, die innerlich erkannten und verstandenen Lehren im täglichen Leben, beruflich und privat, aktiv umzusetzen.
Erst dadurch erhält das wahre Yoga seinen Ausdruck im Inneren wie im Äußeren und fördert dabei die harmonische Entwicklung des Einzelnen wie des Ganzen.
Diese Wahrheit haben uns all die wirklich großen Yoga-Meister vorgelebt, die auf den hier vorher beschriebenen Wegen ihr Ziel erreicht haben, getreu dem geistigen Grundsatz des Yoga:
„Wo deine Konzentration ist, da bist du, wohin du sie lenkst, zu dem wirst du.“